Episode 100: Ins Handeln kommen

Wenn man stets tut, was man schon immer getan hat, bekommt man als Ergebnis das, was man schon immer bekommen hat. Und wenn man bisher nichts getan hat, heißt das, man bekommt weiterhin die Wirkungen der Handlungen anderer ab. Oder, wie Charles Eisenstein mit Bezug auf jüngere Ereignisse sagte, die nicht wirklich neu sind: Krieg ist keine Abweichung von einer akzeptablen Normalität. Er ist eine Erinnerung daran, dass die Normalität inakzeptabel ist. – Peace

Es gibt keine Gruppenrechte. Rechte haben nur Individuen. Eine Gruppe, Gemeinschaft oder Gesellschaft ist kein eigenständiges Wesen, auch wenn das gerne angenommen wird. Das kollektive Bewusstsein ist die Summe der individuellen Bewusstseine, der gemeinsame Wille ist die Vereinigung der individuellen Willensäußerungen und das gemeinsame Handeln bleibt von den beteiligten Individuen zu verantworten. Trotzdem trifft das daraus resultierende Karma alle Menschen. Es beginnt mit den Tätern, die in Abhängigkeit vom Verlauf der Tat ihre Denk- und Gefühlsmuster und damit ihr künftiges Handeln anpassen. Es geht weiter mit den direkt Betroffenen, die, erstens, wenn sie sich nicht gegen Rechtsverletzungen wehren, die Folgen von Übergriffen in vollem Umfang tragen, und die, zweitens, ihre Verhaltensmuster der neuen Lage anpassen, dh andere fortan mit wachsender Unsicherheit in Mitleidenschaft ziehen. Dann ist da die Gruppe der Tatzeugen, die ebenfalls ihre Lehren aus der Tat ziehen und ihr Handeln ändern. All das schlägt Wellen und beeinflusst weitere Menschen, die von der Tat nichts wissen.

Bestünde die Gesellschaft aus mit Ausnahme der Täter voll bewussten Individuen, könnte die psychologische Wirkung der Tat auf andere da und dann gestoppt werden. Trotzdem gäbe es Folgen, da zum einen der materielle Schaden als objektive Störung der Harmonie gegeben ist und zweitens auch das generelle Bewusstseinsfeld gestört wird, sogar noch bevor die Tat überhaupt begangen wird. Daran kann nur der potenzielle Täter etwas ändern, und hier sind wir alle aufgerufen, Kontrolle dort auszuüben, wo sie uns zu- und ansteht: beim eigenen Wahrnehmen, Denken und Handeln. Diese Kontrolle ist Teil des Bewusstseins. Kontrolle über andere ist dagegen Gewalt.

Ich habe oft genug betont, dass rechtes Handeln Teil der Bewusstwerdung ist. Rechtes Handeln zeugt von Weisheit, denn es ist das notwendige Ergebnis des Verstehens der eigenen Wahrnehmungen. Wenn man gerade erst zu der Erkenntnis aufgewacht ist, dass man in einer Illusion lebt, also anfängt, die Reise ins Bewusstsein anzutreten, besteht rechtes Handeln zunächst einmal hauptsächlich im Unterlassen der Initiierung weiteren Schadens gegen andere.

Mit fortschreitender Erkenntnis ist mehr Aktivität gefragt. Nicht Aktivismus. Klassischer Aktivismus ist re-aktionär, das Reagieren auf Umstände; stattdessen sollte man aus prinzipienorientierter Motivation handeln: weil etwas notwendig getan sein will. An dieser Schwelle bleiben viele, die den kläglichen Zustand der Menschheit nur zu gut kennen, stehen. Sie schauen Tag für Tag die Nachrichten, lesen die Analysen der Kommentatoren und schauen sich Videosendungen mit informativen Inhalten an, aber sie kommen nie ins Handeln. Weder geben sie ihr Wissen weiter, noch drängen sie ihre Nächsten zur Verhaltensänderung oder tragen selbst etwas zur Verbesserung, geschweige denn Lösung, bei. Wenn das auf dich zutrifft, wie kommst du auf die Idee, dass du das Wissen für dich behalten darfst, ohne etwas damit anzufangen? Kann man es überdies Wissen nennen, wenn man nichts daraus macht, sondern es nur gierig anhäuft wie ein Geldsack passiv Münzen in sich aufnimmt? Wie lange schaust du meine Sendung schon, ohne dein Verhalten geändert zu haben?

Der Sinn einer solchen Sendung ist nicht Show, nicht Unterhaltung, sondern Inspiration. Wie mein Kollege Vinny Eastwood zu sagen pflegt:

Nimm was du brauchst. Wenn du genug Inspiration gesammelt hast, schalt ab; komm nicht zurück. Geh hinaus und gestalte die Welt… entsprechend deiner Fähigkeiten. Denn du bist der einzigartige Ausdruck deiner selbst, und du beraubst die Welt der Fülle und Vielfalt, wenn du anderen dabei zuschaust, wie sie das machen, was du selbst tun willst, dir aber zu tun verweigerst. Und du wirst jenen Menschen gegenüber Missgunst entwickeln, die etwas erschaffen, während du nichts kreierst… Wissen, das du nicht nutzt, ist die Definition von nutzlosem Wissen. Wissen, das du nicht weitergibst, ist die Definition einer verschwendeten Existenz.

–The Vinny Eastwood Show 9/3/22

Korrektes Wissen ist die Voraussetzung für korrektes Handeln – korrektes Wissen über die natürlichen Gesetze, über die menschliche Psyche, die unsterbliche Seele. Korrektes Wissen über Richtig und Falsch, objektive Moralität. Betrachtet man die Vorgänge in der Welt, sieht man schnell, wie monumental das Unwissen schon geworden ist, denn wir lassen es amok laufen. Wenn wir möchten, dass andere ihr schädigendes Handeln einstellen, um stattdessen etwas Positives zu schaffen, kann man ihnen helfen, indem man korrektes Wissen bereitstellt. Das ist zwar eigentlich vorhanden und auch eine Holschuld, aber seine Verbreitung wird auf mannigfaltige Weise behindert, z.B. durch ganze Gebirge an falschem Wissen, Halbwahrheiten und nutzlosem Informationsmüll sowie Einschränkungen der Wahrnehmung, des Denkens, Fühlens, Spürens und des Mangels an Mut und Willen. Diese Hindernisse und Widerstände selbst zu überwinden ist der erste Schritt, bevor wir anderen helfen können, ihre zu beseitigen.

Fünf Schritte

In okkulten Traditionen der Initiation hat man fünf Schritte zu durchlaufen, ohne die Bewusstwerdung unmöglich ist. Wer diese Schritte nicht unternommen hat, gilt als geistig schlafend und als spirituell tot. Man ist dann auf das Rad des Schicksals geflochten, zu keinem freien Gedanken fähig, den Umständen hilflos ausgeliefert. In der Kabbalah steht man auf unterster Stufe rein materieller Existenz, die dem niedrigsten Energiezentrum, dem Wurzel-Chakra der südasiatischen esoterischen Traditionen entspricht, welches auf Höhe des Anus liegt. In freimaurerischen Traditionen befindet man sich blind und unordentlich gekleidet auf dem schwarz-weiß-karierten Boden des Hauses, welcher für das unbewusste dualistische Sein in der relativen Welt steht. Auf der Tarotkarte ‚Das Gericht‘ sieht man buchstäblich nackte Leiber in Gräbern. Weil man in Denken, Fühlen und Handeln der göttlichen Harmonie zuwiderhandelt, wird jeder dieser Kategorien eine Sechs zugeordnet, die Zahl der Unvollkommenheit und damit Mangelhaftigkeit.

Die fünf Schritte, diesem Zustand zu entrinnen, lauten: Hör auf zu lügen, Hör auf zu träumen, Lerne zu denken, Sei präsent und Aktiviere den Körper.

1.) Hör auf zu lügen

Nimm eine ehrliche Bestandsaufnahme deiner selbst vor, um dich in Harmonie mit der Wahrheit zu bringen. Du kannst anderen nicht die Wahrheit sagen und du kannst keine Fortschritte machen, wenn du dir die Wahrheit selbst nicht eingestehst. Wo befindest du dich körperlich, seelisch, geistig? Willst du wirklich, was du behauptest zu wollen? Was ist tatsächlich deine oberste Maxime? Woran orientierst du dich? Bist du in allen Lebensbereichen gleichermaßen konsequent in der Umsetzung deines Wissens? Bist du in deinem Verständnis so weit fortgeschritten, wie du dachtest? Gibt es Widersprüche in deinem Denken und dem, was du glaubst zu wissen? Gibt es Konflikte? Wie ist es um die Welt um dich herum bestellt? Beantworte diese Fragen ohne Rücksicht auf deine eigenen Gefühle oder die Gefühle anderer. Richtig bleibt immer recht, falsch immer unrecht.

2.) Hör auf zu träumen

Sieh die Welt nicht, wie du sie möchtest oder fürchtest, sondern wie sie ist. Das heißt nicht, dass man jedes Atom kennen muss, sondern dass man Wunschdenken beendet. Gesteh dir ein, dass du latent in Furcht lebst: Furcht ist der Grund, weshalb du das Übel nicht siehst oder herunterspielst; Furcht ist der Grund, weshalb du falschen Informationen, Denkmustern und Ideologien aufsitzt; Furcht ist der Grund, weshalb du nichts tust. Die Aufforderung, sich nicht zu fürchten, finde ich ganze 98 Mal, wenn ich die Bibel aufschlage. Man muss kein Christ sein (bin ich auch nicht), um zu verstehen, dass hier das kaum zu überschätzende Verständnis zum Ausdruck kommt, dass du nicht lernen, nicht lieben, nicht frei, gut, schön oder wahrhaftig sein kannst, solange du dich fürchtest, sondern dass du dich in diesem Zustand zum Werkzeug des Bösen machen lässt. In deiner Furcht BIST DU DAS SYSTEM, DAS DICH VERSKLAVT. Und deine Zeitgenossen gleich mit.

Nur weil du etwas willst, manifestiert es sich nicht von allein. Dafür muss man die notwendigen Schritte durchlaufen. Ohne Opfer und persönliches Engagement wendet sich nichts zum Besseren. Hoffen und warten auf das Eintreffen besserer Umstände oder auf wundersame Rettung hält dich davon ab, ins Handeln zu kommen. Ein Mangel an korrektem Wissen hindert dich, richtig zu handeln. All das gilt es zu erkennen und sich einzugestehen. Sich anzusehen, was du zuvor ausgeblendet, unterdrückt, verharmlost oder weggeschoben hast, nennt man Schattenarbeit.

3.) Lerne korrekt zu denken

Wenn du aufhörst zu lügen und zu träumen, beginnst du dich selbst zu erkennen und die Welt zu sehen, wie sie ist. Im nächsten Schritt lernst du korrekt zu denken. Dies schließt alle drei Schritte des Triviums ein: Wissen, Verstehen und Handeln. Hier geht es um die Entdeckung der Wahrheit: Gibt es Widersprüche in meiner Wahrnehmng? Gibt es Widersprüche zu meinen Erinnerungen, Gefühlen und Emotionen? Wie stehen die Dinge kausal in Verbindung? Was ist korrekt und was ist falsch? Was weiß ich wirklich und was ist vermittelt, vermutet und geglaubt? Was ist wichtig, was unwichtig? Was ist universell gültig, was eine Frage des Standpunkts?

Werde so konkret wie möglich, halte dich von unscharfen Vorstellungen fern. Verstehe, dass dein Tun andere betrifft. Nutze deine Emotionen, damit dich rechtes Denken und Handeln kümmert. Holistische Intelligenz bedeutet, dass dein Handeln deinem Denken und Fühlen entspricht, und diese wiederum in Harmonie zur Wirklichkeit stehen. Bringe die verschiedenen Aspekte deines Seins wieder zusammen unter ein Dach. Zwischen deinem Beruf, deinem Sozial- und deinem Privatleben darf es keine Widersprüche oder verschiedenen Maßstäbe geben.

4.) Sei präsent

Sei Herr deiner Wahrnehmung, deines Denkens, Fühlens und Handelns. Das Leben passiert dir nicht einfach, du führst es. Beobachte dich selbst dabei. Sei dir der Welt bewusst und sei deiner inneren Regungen, vor allem des Gewissens, bewusst. Hör auf, gedanklich in der Vergangenheit oder der Zukunft zu verweilen. Man soll sich der Bedeutung dieser Zeitabschnitte und der Vorgänge in ihnen bewusst sein, aber: Die Vergangenheit ist nicht zu ändern. Und die Zukunft wird es erst aufgrund des Jetzt-Zustands geben. Sie sorgt für sich selbst. Jetzt ist der einzige Augenblick, in dem du handeln kannst. Es ist dir nur jetzt möglich, die Weichen zu stellen. Du musst darauf achten, stets wahrhaftig zu sein, nur dann ist gerechtes, moralisch richtiges Handeln möglich. Du brauchst Antrieb, Willenskraft, Ausdauer und Mut. Diese Tugenden sind im Jetzt zu verwirklichen, nicht irgendwann zu erreichen. Die Kraft, die sie befeuert, heißt Agape – Liebe: Wahrheitsliebe, Gerechtigkeitsliebe, Nächstenliebe.

5.) Aktiviere den Körper

Lass dich nicht gehen. Ein gesunder Geist wohnt lieber in einem gesunden Körper. Dein Leib ist notwendig, damit der Spirit handeln kann. Ein pfleglicher Umgang mit ihm erhält und fördert die Fähigkeiten, aufgrund derer du aktiv werden kannst.

Setze dein Wissen im Einklang mit dem Naturrecht in Handeln um, denn das ist Verstehen, das ist Weisheit, das ist Moralität. Das ist das Große Werk, zu dem du durch deine Geburt aufgerufen bist. Wenn dein Verständnis tief genug ist, fällt dir rechtes Handeln leicht. Du fragst nicht nach dem Nutzen oder deinem persönlichen Vorteil. Solche gibt es durchaus, als Nebeneffekt. Denn eine neue Art des Denkens und Handelns bringt neue Lebensumstände hervor. Dein Leben wird sich ändern, radikal wahrscheinlich sogar. Ich kann dir nicht garantieren, dass es keine Probleme gibt und gleich alles in Butter sein wird, aber es liegt an dir selbst, ob du deinem alten Leben anhaftest und seinen Verlust betrauerst oder dich an der Güte des neuen erfreust, denn Rechtes Handeln eröffnet neue Wege, die zu einem wesentlich zufriedeneren Dasein führen. Wenn du Freiheit willst, musst du frei denken und handeln. Frei heißt: willentlich, nicht gebunden.

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