Unter Philosophen geht ein Bonmot um: Postmodernisten können sich nicht darauf einigen, was Modernismus ist, und noch viel weniger darauf, was Postmodernismus ist.
Wir schauen uns heute drei mit einander verwandte Geisteshaltungen an, die das Denken der heutigen Zeit maßgeblich bestimmen: den Postmodernismus, den Solipsismus und den Relativismus. Ich habe diese in früheren Episoden als „Dreck im Hirn“ bezeichnet, ganz bestimmt keine Philosophien, denn von Liebe zur Weisheit kann bei ihnen nicht die Rede sein. Es handelt sich vielmehr um höchst schädliche Ideologien, die verhindern, dass Menschen das Falsche lassen und das Richtige tun.
Haltung
Postmodernismus
Post- (lat.): nach, nachher, folgend, hinter;
Modern (lat. modus = Maß; modernus = mit Maß): maßvoll; vernakulär: neu, neuzeitlich, der Zeit entsprechend. Auch: Epoche der Moderne (1800-1960)
Postmoderne: jenseits des Maßvollen, Maßlosigkeit; die auf die Moderne folgende Epoche.
Der Postmodernismus kritisiert die Epoche der Moderne, die in ihrem gegen Traditionen gerichteten rationalen Innovationsstreben als gescheitert betrachtet wird. Er möchte die Moderne überwinden, denn statt eines Zeitalters der Vernunft und des Fortschritts, statt Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit erdachte die Menschheit den Kommunismus und den Faschismus, durchlief zwei Weltkriege, erfand und benutzte die Atombombe, baute Konzentrationslager und Gulags.
Die Werte und Tugenden der Aufklärung werden nun als eindimensional abgetan. Dem entsprechend gehen Postmodernisten von einer Vielfalt gleichberechtigter Perspektiven aus. Jede Aussage sei notwendig auf subjektiven Bedingungen gebaut, weil eine vollständige Erkenntnis der Wirklichkeit nicht möglich sei. Das geht so weit, dass die Existenz von Wirklichkeit und Wahrheit als solchen abgestritten wird. Gesetzmäßigkeiten, Prinzipien sowie die Existenz von Richtig und Falsch, Recht und Unrecht, Gut und Böse werden verneint.
Bekannte Vertreter der Richtung sind: Jean-François Lyotard, Jacques Derrida, Jean Baudrillard, die übrigens alle drei an Krebs starben.
Solipsismus
Solipsismus: (von lat. solus = nur, einzig, allein, und ipse = selbst, persönlich): Es gibt nur mich allein.
Die Vorstellung, dass ich mir nur meiner eigenen Existenz sicher sein kann. Das Ich ist damit die Voraussetzung aller Realität.
Man bleibt bei Descartes’ Satz „Ich denke, also bin ich“ stehen. Daraus wird abgeleitet:
- Ich kann mir nicht sicher sein, dass das, was ich wahrnehme, wahr ist. Weil alle Wahrnehmung subjektiv ist, gibt es keine festen Begriffe für die Wörter. Daher gibt es keine gemeinsam erfahrbare Wirklichkeit außerhalb meines Geistes (Relativismus).
- Im Extremfall könnte das bedeuten: Die anderen Intelligenzen gibt es nur in meinem Geist. Außer meinem Bewusstsein gibt es kein anderes. Ich könnte ein Gehirn im Tank sein. Die Außenwelt und meine Erlebnisse in ihr sind bloße Vorstellungen. Alle Realität ist virtuell. Wo ich nicht bin, existiert nichts. Wenn ich sterbe, hört die Welt auf zu existieren. (subjektiver Idealismus; Virtualismus; nicht zu verwechseln mit der Theorie, dass wir Charaktere in einer Universalsimulation seien, s. Die Matrix-Hypothese).
- Die Erfüllung meiner Bedürfnisse bedarf keiner Einschränkung, denn die Wünsche anderer brauchen nicht berücksichtigt zu werden (Egoismus).
Bekannte Vertreter der Richtung sind: Bombe #20 aus dem Film Dark Star. Max Stirner. Edmund Husserl, René Descartes, George Berkeley
Relativismus
Relativismus: (von lat. relatio = auf etwas zurückführen, auf etwas beziehen, und griech. –ismus = Lehre, Denkrichtung, Ideologie, Glaubenssystem, Eigentümlichkeit, Zustand): Bezogenheitsdenken, Kontextualitätsideologie
Der Relativismus ist die Lehre, dass Erkenntnisse und Werte nicht absolut, dh unbedingt, sondern relativ zu bestimmten Bezugspunkten und unter bestimmten empirischen Bedingungen gelten (Brockhaus). Das Absolute ist eine Illusion. Alle Erkenntnis besteht und gilt nur in Beziehung zu einem Subjekt, Standpunkt, Situation etc.
Relativismus ist zu unterscheiden von Relationismus, der Auffassung, dass alles Sein ein In-Beziehung-Stehen ist (Interbeing).
Objektive Wissenschaft wird unmöglich, weil schon die Wahl von Forschungsfokus, Instrumentarium und Methodik sowie die Theoriebildung von situationsbedingten und subjektiven Faktoren abhängig sind.
Moral wird zur Ansichtssache. Bestenfalls kann man bessere oder schlechtere Moralität erreichen, niemals jedoch objektiv gute oder schlechte Handlungen begehen.
Vertreter: Kurt Hübner, Richard Rorty
Folgen
Postmoderne Texte werden unlesbar, sowohl dank ihrer aufgebrochenen Syntax – viele Sonderzeichen, Klammerungen etc. – als auch semantisch, wegen zahlreicher Neusprechwörter.
Wissenschaft wird unmöglich, weil schon ihre Grundlage, das Wissen um Tatsachen der Wirklichkeit, abgestritten wird. Das erledigt gleichzeitig jegliche Kausalität.
Tugend wird zwecklos, weil die Schaffung und Bewahrung eines Guten, das nicht als solches allgemein erkannt werden kann, unmöglich ist.
Kunst jeglicher Art wird letztlich ungenießbar, weil sie keinen Regeln mehr folgen muss. Sie produziert zufällige Farbspritzer auf Leinwänden, willkürliche Gruppierungen diverser Stile, Beuys’sche Fettecken, als „Installation“ betitelte Müllberge, Dalis Skulptur „Nutzloser Gegenstand zum Wegwerfen“ und kakophone „Dichtung“ und „Musik“.
Die gedankliche Vernichtung einer unserer Existenz zugrundeliegenden Wirklichkeit bzw. zu behaupten, sie sei nicht sicher erkennbar, entzieht unserem Dasein jegliche Grundlage. Sinn kann mit Hinblick auf diese Vorstellungen nicht gefunden werden. Wissenschaftliche Forschung, Geschichtsschreibung, Kunst, argumentativer Diskurs, Philosophie usw. werden im Grunde müßige Unternehmungen, da ihre Ergebnisse der Beliebigkeit bezichtigt werden können und letztlich alles Ansichtssache bleibt.
Gesicherte Erkenntnisse sind unter solchen Prämissen nicht möglich und somit wird auch Moral zur Ansichtssache. Bestenfalls kann man bessere oder schlechtere Moralität erreichen, niemals jedoch objektiv gute oder schlechte Handlungen begehen. Notwendigerweise wird in Abwesenheit korrekten Wahrnehmens, Verstehens und Handelns fortlaufend Schaden angerichtet. Dies im Zusammenspiel mit dem Primat des Egos ist ein unverkennbares Zeichen von Satanismus (Ep.54/55).
Daraus begründe ich, dass Postmodernismus, Solipsismus und Relativismus keine Philosophien (Ep.30) sondern satanistische Ideologien sind. Denn Philosophie ist die Liebe zum Wissen und zur Weisheit, dh sachlich korrektem, wahrem Verständnis der Wirklichkeit und moralisch korrektem Handeln. Ideologie (v.griech./lat.: idea = Bild, Idee, Ideal, und griech.: logos = Wort, Lehre, Geist) ist dagegen das in Worte gefasste Idealbild oder das Reden über Idealvorstellungen, die in ihrer gedanklichen Reinheit nicht existieren und daher in der wirklichen Welt nie erreicht werden können.
Es hätte den Postmodernisten auffallen müssen, dass das Böse, das sie in der Welt sahen, nicht die Folge von Vernunft und Moralität waren, sondern deren vorsätzliche missbräuchliche Verdrehung zur Rechtfertigung böser Handlungen. „Die Menschheit“ hatte keineswegs die Werte der Aufklärung ins Extrem getrieben; „die Menschheit“ hatte sie gar nie verstanden, geschweige denn zu verwirklichen versucht: weder ihre liederlichen An- und Verführer noch das gemeine Volk, das in seiner Gesamtheit bis zum heutigen Tag einen prinzipienlosen moralischen Schweinestall bewohnt.
Auf einer höheren Ebene kommen Bewusstseinsforscher zu dem Ergebnis, dass das Universum eine relative, stets veränderliche und vergängliche Manifestation ist – im Gegensatz zu Gott, dem ALL, als dem Absoluten, Unveränderlichen. Das heißt jedoch nicht, dass sich über die Natur und ihre Regelmäßigkeiten nichts sagen ließe. Sie ist nicht abhängig von unserer Existenz oder unserer Wahrnehmung. Durch den Vergleich verschiedener Standpunkte kann man wahre Aussagen über sie treffen.
Es sind nicht, wie behauptet, Wahrheit und Wirklichkeit, denen die Existenzgrundlage fehlt, sondern den postmodernistischen, solipsistischen, positivistischen und relativistischen Ideologien, die uns geistige Masturbation als philosophische Erkenntnis verkaufen wollen. Ihre Lehren untergraben sich letztlich selbst, weil es Postmodernisten nach ihren eigenen Prämissen unmöglich ist, sich darauf zu einigen, was Postmodernismus ist.
Literatur:
- Die Matrix-Hypothese: Leben wir in einem virtuellen Konstrukt? / Christian Köhlert. – Osiris, 2024
- Bombe 20 und die Phänomenologie