Wir reden wie so häufig über das, was man nicht sofort sehen kann. Dies ist die zweite Folge einer Episodenreihe darüber, wie die Gesellschaft wirklich aufgebaut ist. Eigentlich ist ihre grobe Struktur gar nicht so schwer auszumachen. Ein Großteil des Unwissens um sie besteht tatsächlich in Ignoranz, dh der vorsätzlichen Verleugnung des Offensichtlichen. Heute sprechen wir über den Menschen im demokratischen System.
In Episode 83 sagte ich, dass jemand, der keinen Gebrauch von seiner Fähigkeit zu moralischem Verhalten macht, eigentlich kein Mensch genannt werden kann, sondern eben nur homo sapiens. Das heißt jedoch nicht, dass dies unabänderlich so bleibt oder dass man ihn misshandeln darf. Er ist immer noch Teil von Gottes Schöpfung. Alle Wesen einschließlich der angeblich unbelebten können ihr Verhalten ändern und sie verdienen respektvolle Behandlung. Damit befinde ich mich übrigens in guter humanistischer und auch hermetischer Tradition. Ohne solche Unterscheidungen kommen wir philosophisch nicht weiter, sondern irren durch ein Labyrinth der Illusionen. Die Unterscheidung zwischen Sapiens und Mensch dient der Begrifflichmachung von Potenzial und Verwirklichung.
Die Verwirklichung des Potenzials geschieht jedoch nicht nur geistig-emotional, sondern muss sich notwendig in Handlungen niederschlagen. Wir beurteilen also die Handlung, nicht das Wesen, das sie ausführt.
Der Mensch ist ein mit der Fähigkeit zur Unterscheidung von Gut und Böse ausgestattetes Lebewesen. Er ist ein zur Moralität fähiges Wesen.
Und: Das Schicksal einer Gesellschaft ergibt sich aus der summarischen Moralität der Handlungen ihrer Mitglieder.
Die Wahlbeteiligung zur Bundestagswahl ist ein Omen für das, was kommen soll. Beurteilt man sie nach ihren Handlungen, sind 82% der Deutschen – all die, die gewählt haben – mit Sicherheit keine guten Menschen zu nennen; mit anderen Worten: ihre Handlungen sind böse. Sie gehen aktiv hinaus, um aus einem Pool geistesgestörter Personen diejenigen auszusuchen, die sie über sich herrschen lassen wollen.
Warum geistesgestört? Kein gesunder Mensch würde über einen anderen herrschen wollen.
Wähler befürworten darüber hinaus, dass diese Gewalt, die sie damit über sich selbst bringen, auch über all jene kommen soll, die andere Vorstellungen vom Leben haben. Das kann niemals Recht sein. Ein Recht ist jede Handlung, die anderen fühlenden Wesen keinen Schaden initiiert.
Egal, wie man gut und böse sonst definieren mag (es gibt tatsächlich eine objektive Definition), anderen fühlenden Wesen Schaden zuzufügen oder dies auch nur zu befürworten ist nicht gut. Kein Regierender und kein Wähler kann ein guter Mensch sein.
Als Hannah Arendt von der Banalität des Bösen sprach, brachte sie zum Ausdruck, dass das Böse zumeist kein flammender Dämon ist, der sich die Hände reibt, wenn er jemand Leid zufügen konnte. Es handelt sich vielmehr um ein Gedankenvirus, eine geistige Krankheit, die sich einschleicht, wenn Menschen ihre schädlichen Handlungen recht-fertigen. Manchmal ist diese Geisteskrankheit so extrem ausgeprägt wie bei einem Psychopathen, der seinen Untergebenen den Schießbefehl gibt.
Meist aber kommt das Böse so harmlos und banal daher wie ein Familienvater, der Viehwagen nach Auschwitz zusammenstellt, weil er Geld verdienen möchte, um seiner Tochter ein Weihnachtsgeschenk zu kaufen; so harmlos und banal wie ein Polizist, der einen kleinen Hascher hinter Gitter bringt, um seinen Vorschriften genüge zu tun; so harmlos und banal wie eine Hausfrau, die wählen geht, um ihre Bürgerpficht zu erfüllen. Sie alle verwechseln die Erfüllung von Erwartungen mit dem wahren Guten. Das wahre Gute erfordert ein an universellen Prinzipien ausgerichtetes ethisches Denken, das in moralisch richtigem Handeln ausgedrückt wird. Sie aber fragen nicht nach den Folgen ihres Tuns, und so bringen sie das Böse in die Welt.
Und das gilt für Leute beiderseits der Brandmauer. Die einen wählen dieselben Verbrecher, die nachgewiesenermaßen Schaden angerichtet haben, die Blockparteien. Die anderen wählen frisches, alternatives Tyrannenpersonal, gerade, als ob es von der Person des Tyrannen abhinge, ob wir in eine Hackordnung gezwungen und per Steuern ausgebeutet werden.
Da sich also die überwältigende Mehrheit der Deutschen für Gewalt, Tyrannei und Sklaverei ausgesprochen hat, hat sie sich für das Unrecht ausgesprochen. Je unmoralischer die Summe der Handlungen aller Menschen in einer Gesellschaft, desto unfreier, unfriedlicher, ungerechter und generell unschöner geht es in ihren inneren und äußeren Verhältnissen zu.
Wir sollten uns davon verabschieden, Menschen mit guten Absichten als gute Menschen zu sehen. Jeder glaubt, dass er gute Absichten hat. Jeder hat Recht-Fertigungen für sein Verhalten. Das macht das Verhalten noch lange nicht gut, sondern in aller Regel schlecht oder sogar böse. Das bemisst sich allein am Schaden, dh dem Unrecht, das damit angerichtet wurde. Zu behaupten, dass die Menschen mehrheitlich gut seien, ist eine satanische Verdrehung der Wahrheit. Was sie tun, ist offensichtlich böse, denn es ist unmoralisch.
Die überwältigende Mehrzahl der Menschen handelt unmoralisch, weil sie den objektiven Unterschied zwischen Richtig und Falsch nicht kennen oder anerkennen, und weil sie sich lieber von Autoritäten vorschreiben lassen, was sie zu tun haben, als selbst darüber nachzudenken, was richtig wäre und es dann beherzt zu tun.
Deuten wir die Zeichen der Zeit, was bedeutet das für die Gesellschaft? Den Naturgesetzen entsprechend, dass es weiter bergab geht, unabhängig davon, wer ins Amt gewählt worden ist. Das Wort Amt bedeutet ursprünglich: das Vieh treiben. Wer wählen geht, wählt viehisches Sklavendasein – für sich selbst und für alle Leute um sich herum. Er wählt die Gängelung, die Freiheitsberaubung, die Ausbeutung, die körperliche Gewalt und die Schlachtung, und er wählt die Lüge, dass all das ein notwendiges Übel, also gut, sei.
Genau davon werden wir in der nächsten Zeit so viel sehen, dass es selbst den Schafen zu blöde wird und sie ihren Hirten zum Teufel jagen – nur um sich einen neuen Hirten zu wählen.
Post scriptum
Was aber fangen wir mit dem Wort ‚Böse‘ an? Sind böse Leute auf ewig dazu verurteilt, böse zu bleiben? Bedeutet böse zu sein die Verdammung in die Hölle? Muss es zu Bestrafung führen? Nichts von all dem. Böse ist nicht der Mensch, sondern vielleicht die Handlung, die er begeht. Die böse Tat muss als solche erkannt und abgelehnt werden. Es ist die böse Tat, gegen die ich ein Recht auf Notwehr habe. Es ist die böse Tat, die karmisch Konsequenzen für den Täter und seine Gesellschaft hat. Darum sollte ich wissen, was das ist: ‚böse‘. Es hat keinen Zweck, beim Bösen zu verweilen, weder in der Tat noch in der Betrachtung. Das Ziel besteht darin, sich für das Gute zu entscheiden, im vollen Bewusstsein, was das heißt, und das Böse nicht zu befürworten.
Literatur
- Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen / Hannah Arendt