Episode 89: Parallelgesellschaften – ein Gespräch mit Henna Maria

von Jürgenan Veröffentlicht am

Ich sprach am 31. März 2025 mit Henna Maria, einer finnischen Menschenrechtsaktivistin, über den von ihr mitbegründeten Stamm Kotiinpaluuheimo. Sie erläuterte, dass dieser auf naturrechtlichen Prinzipien aufbaue. Organisatorisch sei er in kleine, themenbezogene Kreise eingeteilt, die lokal auf Eigeninitiative der Mitglieder gegründet würden. Entscheidungen würden soziokratisch durch Konsensbildung gefunden. Auf Landesebene gebe es aber auch demokratische Abstimmungen. In den persönlichen Beziehungen gälten folgende Grundsätze, denen bei der Aufnahme in den Stamm zugestimmt werden müsse.

Die Grundsätze von Kotiinpaluu und die damit verbundenen Verhaltensweisen:

(Übersetzung aus dem Finnischen. Auch als PDF-Download erhältlich)

1.Gegenseitigkeit

Als Mitglied des Stammes möchte ich sowohl geben als auch nehmen.

Ich bin bereit, meinen Teil beizutragen und mich an der Schaffung des Gemeinwohls zu beteiligen, je nach meinen Ressourcen und Lebensumständen.

Ich verstehe, dass ich allein schnell vorankomme, aber gemeinsam können wir weiter gehen.

Ich übernehme Verantwortung, wenn ich die Gelegenheit dazu habe, und bitte um Hilfe, wenn ich sie brauche.

2.Harmonie

Als Mitglied des Stammes verstehe ich, dass es in Abstimmungs- und Entscheidungssituationen immer darum geht, die bestmögliche Lösung für mich und den Stamm zu finden, und deshalb versuche ich stets, die Dinge aus einer umfassenden Perspektive und mit Rücksicht auf andere zu betrachten.

Ich verstehe, dass der Zweck des Stammes darin besteht, nicht nur mir selbst zu dienen, sondern auch anderen Stammesmitgliedern, unserer erweiterten menschlichen Familie und der gesamten Schöpfung.

Ich bringe in den Stamm nur Fragen und Themen ein, die eine Liebe zum Leben, zur Natur und zur Menschheit wecken.

3.Respekt

Ich weiß und erkenne an, dass jedes Mitglied des Stammes gleichermaßen wertvoll und wichtig ist.

Ich möchte mich so ausdrücken, dass meine Worte, auch wenn ich mit etwas nicht einverstanden bin, nicht zu einer Waffe gegen jemanden werden oder ihn auf persönlicher Ebene verletzen.

Bei Meinungsverschiedenheiten werde ich beim Thema bleiben und die Person nicht angreifen.

4.Frieden

Ich verpflichte mich, bei Vereinstreffen, Diskussionsforen und Versammlungen nicht das Kriegsbeil zu benutzen, damit nicht die Atmosphäre des Friedens und der Liebe innerhalb des Stammes gestört wird.

Im Falle von Streitigkeiten erkläre ich mich bereit, jeder Partei, die eine andere Meinung vertritt, zuzuhören und in gutem Glauben an einer Friedensverhandlung gemäß den Regeln der Vereinigung teilzunehmen.

Ich verstehe, dass der Zweck all unserer Aktivitäten darin besteht, aufzubauen, nicht zu zerstören.

5.Vergebung / Mitgefühl

Ich verstehe, dass Mitgefühl die höchste Form der Liebe ist.

Ich erkenne an, dass ich ein unfertiges und fehlbares menschliches Wesen bin, deshalb bin ich auch bereit, meine Fehler zuzugeben und an ihnen zu wachsen.

Wenn jemand anderes sich entscheidet, Unrecht zu tun, erkenne ich seine Menschlichkeit an und versuche, ihm die Möglichkeit zu geben, für seine Fehler einzustehen.

Ich bin bereit, um Vergebung zu bitten und zu vergeben.

6.Vertrauen

Ich verstehe, dass ein Stamm auf gemeinsamen Werten aufgebaut ist, und verpflichte mich daher, in meinen Absichten, Worten und Taten ehrlich zu sein.

Ich verstehe, dass Vertrauen verdient werden muss, und deshalb werde ich die internen und privaten Angelegenheiten des Stammes, anstehende Entscheidungen und Projekte sowie das Privatleben der Stammesmitglieder achten und schützen.

Ich verstehe, dass echtes Vertrauen Sicherheit in der Gemeinschaft schafft.

7.Verantwortung

Ich stehe hinter meinen Worten und Handlungen mit Integrität.

Als vertrauenswürdiger und verantwortungsbewusster Erwachsener akzeptiere ich die Goldenen Regeln des Stammes, die strikte Sanktionen für jeden vorsehen, der wiederholt den Gruppengeist bricht, andere verrät, verletzt oder missbraucht, unehrlich handelt oder das kollektive Vermögen und die Ressourcen des Stammes missbraucht.

8.Freiheit

Ich verstehe, dass jeder die Freiheit hat, sein persönliches Leben so zu leben, wie es ihm beliebt, solange es nicht das Eigentum, die Gesundheit, die Rechte oder das Leben anderer verletzt.

Ich verstehe, dass Freiheit ein großes Geschenk ist, und deshalb gewähre ich anderen Redefreiheit, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und politische Freiheit.

Ich verstehe, dass Freiheit aus dem ewigen Gesetz der Schöpfung erwächst und daher mit der Freiheit immer auch Verantwortung und Konsequenzen einhergehen.

Ich erkenne, dass wahre Freiheit sich durch Liebe ausdrückt, denn Freiheit, die zerstört, ist keine Freiheit, sondern Sklaverei.

9.Liebe

„Wenn ich alles hätte, aber die Liebe fehlte, hätte ich nichts.“

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