Wenn ich hier den Vordenker spiele, während Du Dein eigenes Hirn nicht einschaltest, ist das für den Geist genau so wenig bildend, wie es den Leib ertüchtigt, sich ein Fußballspiel auf der Mattscheibe anzusehen. Das Wahre besteht im präsenten Sein, das Schöne im eigenen Erkennen und das Gute im rechten Handeln.
Das Naturrecht ist die Gesamtheit der universellen, nicht vom Menschen geschaffenen, verbindlichen und unabänderlichen Gesetze, die als regelnde Dynamik die Folgen des Verhaltens von Wesen bestimmen, die in der Lage sind, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden.
Das Naturrecht zu verstehen bedeutet, wirklich ein Gewissen zu haben, das den objektiven Unterschied zwischen moralisch richtigem und moralisch falschem Verhalten kennt.
In Harmonie mit dem Naturrecht zu leben bedeutet, dass man sich bewusst für moralisch richtiges Verhalten entscheidet und nicht für moralisch falsches Verhalten, sobald man den Unterschied klar erkannt hat.
Wenn der Mensch im Einklang mit dem Naturgesetz lebt und somit moralisch ist, wird er frei und bleibt es auch. Wenn der Mensch im Gegensatz zum Naturgesetz lebt und daher unmoralisch ist, wird er versklavt und bleibt es auch.
Es gibt nur eine wahre Trennung, die die Menschheit in zwei verschiedene Arten von Individuen trennt. Das Kriterium für diese Trennung ist, ob ein Individuum an „Autorität“ glaubt oder nicht, und daher glaubt, dass Sklaverei legitim ist.
– Mark Passio
Alles was ist (‚die Dinge‘) gehört zur universellen, natürlichen, göttlichen Ordnung. Das Seiende, da es Ursache und Wirkung unterliegt, ist regelgemäß und damit korrekt.
Da alle Menschen mit einem freien Willen und der Fähigkeit zur Unterscheidung von richtigem und falschem Handeln ausgestattet sind (Gewissen), stehen sie rechtlich auf der gleichen Stufe.
Die Unterscheidung zwischen Richtig und Falsch nennen wir Moralität. Rechte Moralität ist die konsequente Befolgung der Natürlichen Gesetze. Falsche Moralität besteht in der Missachtung oder Zuwiderhandlung natürlicher Gesetze.
Falsch ist eine Handlung, wenn der Wille des einen durch den des anderen gebrochen wird. Richtig ist jede Handlung, in der das nicht geschieht, d.h. die verschiedenen Willensäußerungen einander entweder nicht berühren oder nicht beeinträchtigen (der Wille des anderen respektiert wird). Wo kein Opfer, da kein Verbrechen.
Wer den Willen eines anderen bricht, negiert sein eigenes Recht, unbeeinträchtigt zu bleiben. Das ist die Grundlage der Notwehr.
Alle Einwände gegen das Naturrecht führen zu moralischem Relativismus, d.h. Moralität (Recht vs. Unrecht) hängt von variablen Faktoren ab und wird je nach Präferenzen festgelegt.
Und was das bedeutet, hat Lysander Spooner erläutert:
Spooner (e26)
– Recht kann es nur als universelles Gesetz geben, denn: Gibt es Gerechtigkeit als universelles Prinzip, kann es durch Menschen nicht verändert, eingeschränkt, abgeschafft oder übertrumpft werden. Damit sind alle menschliche Regeln entweder redundant, also überflüssig; oder sie sind unwirksam, dh unrecht.
– Ist Gerechtigkeit nicht Teil der natürlichen Ordnung, dann hat menschengemachtes Recht keine objektive Grundlage und besteht in purer Will-kür. Mit anderen Worten braucht sich auch niemand verpflichtet fühlen, ihm zu folgen.
– positives Recht & Regierung sind damit in jedem Fall absurd, willkürlich und eine Anmaßung. Alle Regierungen sind daher Räuberbanden.
Eigentum am Körper (e19)
– Alles, was ich erworben habe, ohne den Willen (die Rechte) eines anderen zu brechen, gehört rechtens mir.
– Ich bekam mein Leben (Geist, Körper) geschenkt. Es gehört rechtens mir.
– ich=Spirit=Eigentümer. Körper ist meinem Willen unterstellt.
– jeder Rechtsbruch ist Willensbruch.
– Jeder Rechtsbruch ist Diebstahl.
– Jeder vorsätzliche Rechtsbruch ist Gewalt.
Selbstwertgefühl: Gefühl, nicht geschädigt werden zu wollen (e12)
– nicht in Ruhe gelassen zu werden
– Wille wird gebrochen
Gewissen: Gefühl, andere nicht schädigen zu wollen (e12)
– unser Bewusstsein ist der Beweis, dass wir einen freien Willen haben. Ohne diesen bräuchte es kein Bewusstsein.
– Bewusstsein und Gewissen enthalten beide die Wortwurzel ‚Wissen‘. Im Englischen lassen sich beide vielsagenderweise auf ‚gemein(sames) Wissen‘ oder ‚gesunder Menschenverstand‘ zurückführen.
– Störung der Fähigkeit, Richtig von Falsch / Gut von Böse zu unterscheiden bzw. dieses Wissen praktisch anzuwenden, bedeutet eine Störung des Seelenfriedens. (Soziopathie/Psychopathie)
Unseren Geist zu verseuchen ist alles, was sie haben. Nur kranke Leute können das tun, und nur andere kranke Leute können das annehmen. Wenn wir uns selbst heilen, haben die Irren keinen Ansatzpunkt. Ihr Weltbild wird haltlos und sie können sich ebenfalls selbst heilen.
Goldene Regel
Fasst Selbstwertgefühl und Gewissen zusammen. Sie ist bei allen Kulturen bekannt und kann daher als universelle Formulierung des Naturrechts und der Objektiven Moralität angesehen werden.
Utilitarismus (e21)
– Richard W. Wetherill: Denke, sprich und tue stets das Rechte. Weigere dich, das Falsche zu tun.
– Recht = Richtig = Korrekt = Zweckdienlich
– nur richtig zu handeln nützt uns
– sich nicht im Recht befinden heißt falsche Ergebnisse erzielen
– Wer das Richtige wählt, vergrößert seine Freiheit, denn er kann die nötigen Ursachen setzen und wird nicht durch negative Konsequenzen eingeschränkt. Liebe zur Wahrheit (zum Seienden) erlaubt rechtes Wissen. Rechtes Wissen erlaubt rechtes Denken, und dieses wiederum rechtes Handeln, was korrekte, nützliche Ergebnisse erlaubt.
Herr des eigenen selbst-bestimmten Lebens zu sein bedarf der rechten Wahl, die ihrerseits rechtes Wissen voraussetzt.
– Wer das Falsche wählt, verliert seine Freiheit aufgrund der verursachten Probleme, die ihn einschränken, und wird fortan nur wieder das Falsche wählen können, solange er den Unterschied von Richtig und Falsch nicht kennt. Er bleibt auf der Ebene der Konsequenzen gefangen. Furcht führt zu einer Einengung der Wahrnehmung, also zu einem Mangel an Wissen oder falsches Wissen führt zu falschem Denken und dieses zu falschem Handeln, was falsche, unerwünschte Ergebnisse nach sich zieht.
Weltbild (e23)
– Separation führt zwangsläufig zu Chaos, Einssein zu Ordnung
Wir sehen hier also, dass Separationsdenken (Atomismus) auf falschem Wissen/Wahrnehmen beruhen muss.
Buddha (e56)
– Beantwortet die Fragen nach dem Leid und seinem Ende praktisch.
– Da ist Leid, denn wir haften fälschlicherweise illusionären, relativen Dingen der Sinneswelt an. Illusionen, also Unwahrheiten, sind die Grundlage für Konflikte, also Leid. Das Leid kann beendet werden, wenn dies verstanden und losgelassen wird. Wenn wir unsere Wahrnehmung ändern, ändern wir unser Denken, und dann ändert sich auch unser Zustand sowie unsere Handlungen. Die Rückkehr zur Wahrheit löst Konflikte auf. Nur wenn man das Richtige tut und das Unrichtige unterlässt, reduziert man das Leid oder beendet es gar.
– Buddhismus ist der empirische Beweis für die Richtigkeit der Naturrechtstheorie.
Christus (e47)
– Die Dreieinigkeit ist ein Symbol für das Trivium aus maskulinem & femininem Prinzip und der aus ihnen hervorgehenden Handlung. (Dreiklang aus: Wissen – Verstehen – Handeln)
– Beim Wissen handelt es sich um das Wissen um Richtig und Falsch.
– Die Kenntnis der Wahrheit macht dich frei. Wer etwas anderes mehr liebt als die Wahrheit, ist der Freiheit nicht würdig.
– Wahres Christentum verlangt nach guten Taten, nicht einfach Glauben.
– Regierung ist Blasphemie, Autoritätshörigkeit ist Sünde.

Sehr geehrter Herr Hornschuh,
ich bin vor 2 Tagen (durch Zufall? / durch den Algorithmus?) auf Ihren youTube-Kanal gestoßen. Herleitung vom Naturrecht.
Ich bin absolut begeistert. Jetzt weiß ich, was Naturrecht bedeutet. Eines ist mir unklar: Wie sollte eine Gesellschaft nach dem Naturrecht mit Menschen umgehen, die hoch aggressiv sind, oder die Kinder mißbrauchen. Vielleicht könnte man auch argumentieren, daß einzelne Mörder oder Kinderschänder zu vernachlässigen sind. Wenn man dem Ausschwitz oder aktuell den Völkermord in Gaza gegenüber stellt. Oder Krieg. 1 Mio. toter Zivilisten in Irak, die Hälfte davon minderjährig.
Alles was Sie sagen, ist genau richtig. Ich versuche jetzt, das umfangreiche Material zu sichten. Und möglichst viel von Ihren Beiträgen zu lernen.
Vielen Dank und viele Grüße
Elke Stofer
Liebe Elke,
das Wort ‚Naturrecht‘ wurde von Leuten für inhaltlich sehr verschiedene Begriffe benutzt, aber ich meine damit die ungeschriebene natürliche Dynamik, die die Folgen unserer Handlungen regelt. Sie enthält zwei Teile: Die erste Komponente beinhaltet das Recht, in Ruhe gelassen zu werden (Nicht-Angriffs-Prinzip); die zweite Komponente besteht aus dem Notwehrprinzip, das im geschilderten Fall greift. Die von Übergriffen Betroffenen und ihre Gemeinschaft handeln in Harmonie mit den natürlichen Gesetzen, wenn sie den Täter aufhalten bzw. davon abhalten, weitere Rechtsverstöße zu begehen. Eine professionelle ‚Polizei‘ (die eh meist zu spät kommt) braucht es dafür nicht, und bestimmt keine, die das Gewaltmonopol beansprucht. Denn tatsächlich hat staatliche Gewalt in der Weltgeschichte ein Mehrfaches an Leben ausgelöscht im Vergleich zu Bandenkriminalität und Verbrechen aus Habgier oder Leidenschaft. Unabhängig dieser statistischen Unverhältnismäßigkeit müssten wir uns aus moralischen Gründen selbst dann an-archisch (ohne Herrschaft) organisieren, wenn es umgekehrt wäre, denn der staatliche Anspruch auf unsere Körper ist nichts anderes als Sklaverei.
Ein paar Beispiele, wie natürliche Gemeinschaften mit disruptiven Leuten umgehen, gibt das englischsprachige Video „How indigenous peoples handle narcissism & prevent authoritarianism. A compilation“ https://odysee.com/@Spellbreaker:6/indigenous-tribes-narcissism-protection:2
Des weiteren gibt es auch positive Erfahrungen mit modernen Methoden der Konfliktbewältigung, die z.T. spirituelle Praktiken einbeziehen. Ein paar Worte über den naturrechtsgemäßen Umgang mit Rechteverletzern habe ich in der Episode 66 (Strafe) verloren.
Dankesehr für Deine/Ihre Gedanken und Fragen. Ich hoffe, es ist mir gelungen, mit der Naturrechtsphilosophie (auch bekannt als Karmisches Gesetz, Konsequentialismus, Universelles Gesetz usw.) ein Verständnis von wahrer Gerechtigkeit zu ermöglichen.
Gerne mal wieder schreiben!
Lieber Jürgen,
ich habe hier zu danken. Für die Antwort und für Episode 66. Man kann durch Strafen Verbrechen nicht verhindern, das habe ich verstanden. Den gesellschaftlichen Grundsatz der Sicherungsverwahrung, Verbrecher davon abzuhalten, weitere Rechtsverstöße zu begehen, würde ich anerkennen. Wenn ich Dich richtig verstehe, sollten diese Aufgabe die Opfer bzw. deren Gemeinschaften leisten. Für mich sind das wertvolle Denkansätze, denen ich weiter nachgehen möchte. Ich bin sehr gespannt auf das englischsprachige Video, da hatte ich noch keine Zeit. Das Englische ist für mich eine intellektuelle Herausforderung, das geht nicht so nebenbei.
Ganz grundsätzlich denke ich, daß der Mensch nicht die Kompetenz hat, zu richten. Vor dem Strafen kommt das Richten. Es geht ja auch immer schief, die Maßstäbe dafür sind relativ und variabel. So wie Du sagst. Sacco und Vanzetti seien als Beispiel erwähnt. Und sicherlich darf der Mensch gar nicht richten.
Und ebenfalls ganz grundsätzlich denke ich, daß man als Mensch verzeihen muß. Immer, bis in letzter radikaler Konsequenz. Nur wer verzeihen kann, findet Frieden und kann sich weiter entwickeln.
Und dafür sind Gemeinschaften unerlässlich, das habe ich jetzt auch verstanden bzw. glaube, verstanden zu haben.
Und ganz ganz ganz herzlichen Dank für die „Wahlhinweise“, Du sprichst mir aus tiefstem Herzen. Ich wähle seit Corona nicht mehr und bin da die einzige im weiten Umkreis. Deshalb freut mich Dein Statement dazu. Viele Maßnahmenkritiker haben die Coronathematik in der Tiefe nicht verstanden.
Viele Grüße
Elke
Stimmt, die Betroffenen und alle, die Zeugen naturrechtswidrigen Verhaltens werden, stehen in der Verantwortung, den Täter akut zu stoppen und ihn über Falschheit und Folgen seiner Tat aufzuklären. Solange er keine Einsicht zeigt, ist er seiner eigenen Rechte ledig und kann im Grunde beliebig behandelt werden. Keine gute Situation für alle Beteiligten. Umerziehung kommt zu spät. Eltern müssen verstehen lernen, dass Verbrechen das Ergebnis mangelnder moralischer Erziehung ist.
Auch das Richten kommt zu spät, und ich stimme Dir völlig zu, dass Menschen dies eigentlich nicht können. Es ist die Aufgabe des Schöpfers als wahrem Gesetzgeber, und deswegen hast Du auch damit recht, dass wir um Verzeihung nicht herumkommen – nachdem die Tat durch Sühne oder Tod vergolten ist. Vor ein paar Jahren wünschte ich mir ein zweites Nürnberg, aber das ist natürlich Quatsch. Jene, die das Glück oder den Mut hatten, nicht zu Tätern zu werden, brauchen die Stärkung ihrer Zivilcourage, und wir alle miteinander brauchen Traumatherapie, wenn der Kreislauf der Gewalt je enden soll.
Lieber Jürgen,
Ich verstehe nicht ganz, was Du meinst: Verzeihen nach Sühne und Vergeltung. Ich „muß“ verzeihen, auch wenn der Täter nicht bereut, oder Vergeltung leistet. Wenn ich verzeihe, befreie ich mich und kann in der Folge mit mir und meinen Fehlern gnädig umgehen. Und in der Folge Freiheit fühlen. Verzeihen ist alleine meine eigene Tat, die auf meiner Seite geschieht. Wenn ich z.B. meinen Eltern verzeihe, kann ich die Bedrückungen meiner Kindheit hinter mir lassen. Und in der Folge die Not meiner Eltern erkennen. Die ihren Ursprung wiederum in deren Kindheit hat.
Hannah Arendt hat über den Eichmann-Prozess geschrieben, über die Aussagen, die Eichmann gemacht hat, damit seine Schuld vor den Richtern kleiner aussieht. Hannah Arendt hat seine Not (die Angst vor dem Gerichtsurteil) nicht sehen können, hat seine Aussagen für bare Münze genommen.
Noch schwerer als anderen zu verzeihen, ist, sich selber zu verzeihen (z.B. Strafen, die man rückblickend über die eigenen Kinder verhängt hat). Auch hier greift Sühne und Vergeltung nicht. Man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Aber wenn ich es schaffe, mir selber zu verzeihen, kann ich mich selber mitsamt der Fehlerhaftigkeit akzeptieren.
Vielleicht ist es so: Das Selbst erkennt dann, warum das Ego so und so gehandelt hat. Kann man das so sagen? Ich brüte öfter mal über die Abgrenzung von Selbst und Ego.
Viele Grüße
Elke
Liebe Elke.
Mit Sühne und Vergeltung will man nicht die Uhr zurückdrehen, sondern Gerechtigkeit herstellen. Erst dann kann Verzeihung stattfinden.
Das Wort Verzeihung stammt von der indoeuropäischen Wurzel ‚deik’= zeigen und der Vorsilbe ‚ver–’= [Negation], bedeutet also „nicht mehr [auf den Schuldigen] zeigen.“ Solange der Täter nicht von seiner Tat Abstand nimmt und versucht, dem Opfer eine Form von Ausgleich anzubieten, verbleibt das Täter-Opfer-System in Ungerechtigkeit und der Täter in einer rechtlosen Stellung außerhalb des Naturrechts verortet, mit der er nicht reintegriert werden kann, ohne die Gemeinschaft moralisch zu korrumpieren. Selbstverständlich – da bin ich ganz bei Dir – kannst Du Dich jederzeit von dem mit der Tat verbundenen emotionalen Ballast befreien, aber das kann nicht bedeuten, dass man den Täter mir-nichts-dir-nichts aus der Verantwortung entlässt. Zu verstehen, weshalb er falsch gehandelt hat, heißt zu verstehen, dass er falsch denkt. Solange er falsch denkt, wird er weiterhin falsch handeln. Der gegenwärtige Zustand der Welt geht zu 50% auf das Konto solcher Nachlässigkeit: weil wir unmoralisch handelnde Leute amok laufen lassen, statt mit dem Finger auf sie zu zeigen. Wer das erkannt hat, steht in der Verantwortung, es ändern zu helfen. Diese (Schatten-) Arbeit kann man auch an sich selbst vollziehen; es ist Teil des „Großen Werks“, von dem die Okkultisten sprechen.
Wir alle haben in der Kindheit seelische Wunden davongetragen. Niemand kann etwas für seine traumatisierende Programmierung. Das ist jedoch keine Ent-Schuldigung für Unrecht, das man in diesem Zustand begangen hat. Deshalb meinte ich, wir alle miteinander brauchen Traumatherapie, denn die allerwenigsten von uns sind (Re-) integrationsfähig.
Ich hoffe, Du verstehst, dass ich mit diesen Worten nicht den Stab über anderen breche; ich habe genug vor meiner eigenen Tür zu kehren. Ich versuche die Regelmäßigkeiten aufzuzeigen, nach denen persönliches und gesellschaftliches Wohlergehen — Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit, Brüderlichkeit — entsteht. Wir setzen durch unser Handeln Ursachen; die Konsequenzen regelt das universelle Gesetz. Das Karma bleibt bei Unwissenheit, guter Absicht oder üblem Willen dasselbe.
Es grüßt Dich
Jürgen
Lieber Jürgen,
Ich habe das Gefühl, in Deinem Gedankenkonstrukt bzgl. „Verzeihen“ steckt ein Haken:
Wenn ich jemandem verzeihe, heißt das nicht, daß ich denjenigen aus der Verantwortung entlasse. Das kann ich gar nicht. Der Täter bleibt immer in seiner Verantwortung.
Wenn mein Verzeihen von der Einsicht und Wiedergutmachung des Täters abhängt, dann bin ich nicht frei.
Einem Täter zu verzeihen, der ehrlich um Entschuldigung bittet, ist eine einfache Übung. Damit sind keine Lorbeeren zu verdienen.
Ich habe erfahren dürfen, daß ich die Not des anderen sehen konnte, als ich nicht mehr „mit dem Finger auf ihn zeigte“. Und dann konnte ich fröhlichen Herzens zum Wanderstabe greifen.
Meiner Auffassung nach ist Gerechtigkeit auf diesem Erdenleben nicht möglich. Und schon gar nicht ist es möglich, daß Menschen für Gerechtigkeit sorgen.
Wenn ein Täter eine Tat begeht, dann deshalb, weil an ihm selber Taten verübt wurden, und er nicht in der Lage ist, darüber hinwegzukommen. Z.B.: Ein Erwachsener, der als Kind geschlagen wurde, wird immer versuchen, Dominanz zu erreichen, er wird seine eigenen Kinder schlagen. Das hat nichts mit falschem Denken zu tun. Wenn ich meine Kinder nicht geschlagen habe, dann nur aus dem einen Grund, weil ich selber nie geschlagen wurde. Nicht, weil ich richtig denke.
In meiner Heimatstadt hat es vor kurzem einen Doppelmord gegeben. Ein verlassener Ehemann ist bewaffnet in eine Familienfeier eingedrungen. Er hat seinen kleinen Sohn erschoßen und die Schwester seiner Frau, deren kleine Tochter hat überlebt, hat nun keine Mutter mehr. Und jetzt? Er kann keinen Ausgleich anbieten oder Wiedergutmachung leisten. Wir alle sind Schuldige. Am Ende des Tages wird die arme Ehefrau verzeihen müßen.
Die Welt würde eine bessere, wenn wir lernten zu verzeihen und nicht immer mit Fingern auf Täter zeigten.
Viele Grüße und Danke
Elke
Liebe Elke.
Wie immer freue ich mich über Deine Beiträge. Mit diesem hier rührst Du an ein schwieriges Thema; nicht etwa, weil es sonderlich kompliziert wäre, sondern weil emotionale Verstrickungen die Sicht auf klare Sachverhalte komplizieren können. Das aufzudröseln braucht sehr viel Text. Leichter wäre es wohl, wenn wir hierüber einmal via Jitsi, Teams oder Zoom sprechen könnten.
Wie gesagt sind wir durchaus frei, uns jederzeit innerlich von der Last des Grolls gegen den Täter zu lösen. Ich finde es nobel und hilfreich und wende das selbst an. In dieser Hinsicht also volle Zustimmung meinerseits. In gleicher Weise sollten wir uns von der Anhaftung lösen, das Verständnis für den Täter, oder dass wir selbst zum Unrecht fähig waren oder noch sind, verhindere, dass wir diesen konkreten Menschen für seine konkrete Tat zur Rechenschaft ziehen können. Selbstverständlich bleiben wir nicht beim Fingerzeigen stehen.
Aus der Tatsache, dass ich ausschließlich mir selbst zu eigen bin, folgt, dass ich allein für mein Handeln verantwortlich bin. Es gibt keine ent-schuldigenden Umstände für falsches Handeln, sondern nur Ursachen. Und die Ursache für jedes Handeln ist im Denken begründet, und gedacht wird aufgrund von (rationalem, fühlendem und emotionalem) Wissen. Falsches oder fehlendes Wissen führt zu falschem oder unterlassenem Denken, und das wiederum zu falschem (unmoralischem) Verhalten – ein Verhalten, das Schaden initiiert. Traumata sind nicht die eigentliche Ursache der Tat; sie verschlimmern lediglich die Conditio. Hinzu kommt: Sie können überwunden werden.
Unsere wichtigste Aufgabe im Leben besteht im Erlernen der Prinzipien, augrund derer wir leben, andernfalls werden wir stets Schwierigkeiten haben und scheitern, sowohl bezüglich der natürlichen als auch der sozialen Mitwelt. Richtig leben können wir nur aufgrund richtigen Wissens, und wenn wir es versäumen, es zu erwerben, aus welchen Gründen auch immer, besteht unsere persönliche Ur-Schuld genau in dieser Dummheit. Der Täter trägt seine Schuld daher bis zur Beendigung der Ursachen ungeschmälert, uneingeschränkt, ob er sich des Unrechts bewusst ist oder nicht, oder ob er zuvor selbst Opfer eines Unrechts war.
So wie die Gravitation keine Kenntnis voraussetzt, damit sie auf uns wirkt – ein Säugling unterliegt ihm genauso wie ein Physikprofessor -, wirkt das Naturrecht auch ohne unsere Kenntnis – weil das Universum so eingerichtet ist. Den Täter UND die Menschheit als Ganzes treffen die karmischen Konsequenzen.
Verständnis für die inneren Bewegungen des Täters zu haben, kann sehr hilfreich sein, wenn man es nutzt. Ein Wissen, das nicht genutzt wird, ist nutzloses Wissen. Zu verstehen, was psychologisch zur Tat geführt hat, macht die Sache also erst besser, wenn man das Wissen dazu benutzt, künftiges Unrecht abzuwenden. Es ist die Aufgabe der Wissenden, den Unwissenden zur moralischen Umkehr zu helfen.
Die Erfahrung zeigt, dass Menschen ihr falsches Verhalten erst ändern, wenn fremder Wille oder Zusammenbruch ihres falschen Denkens sie aufhalten. Wenn der Täter zur Umkehr unwillig ist, muss er dazu gezwungen werden oder er läuft buchstäblich ins Messer von einem, der sich seiner Haut wehren kann.
Der Schaden vergrößert sich stetig, wenn man Täter, die ihre Schuld und deren Ursachen nicht einsehen, aus der Verantwortung entlässt (=ihn im Unwissen belässt). Sein Können oder Wollen spielt keine Rolle. Die „arme Ehefrau“, wie wir alle, sollte ihn besser an seine Schuld erinnern, bis er die Ursache seines Verhaltens ausgeräumt hat. (Nur weil das bisher versäumt wurde, konnte es zu der Tat kommen.) Und wenn wir selbst daran teilhatten, muss auch unsere eigene Schuld aufs Tablett. DAS ist Gerechtigkeit, mit der dann alle leben können. Es geht hier nicht um Strafe oder Anprangerung; man hält die Erinnerung an die Tat wach, bis das nicht mehr nötig ist: wenn der Täter sein Verstehen zeigt, also keine Gefahr mehr läuft, rückfällig zu werden.
Hingegen sind New-Age-Vorstellungen von der Unschuld des Täters (weil er ja so schwer vom Leben gebeutelt wurde) pures Gift für die Herstellung von Gerechtigkeit. Und ja, solche gibt es – wir leben quasi darin – und sie wird, sofern sie verletzt wurde, immer wieder hergestellt werden. Die Frage ist nur, ob wir uns freiwillig daran beteiligen oder ob wir uns durch die Naturgesetze uns dazu zwingen lassen.
Sei herzlichst gegrüßt,
Jürgen
Lieber Jürgen,
ich schreibe gerne. Beim Schreiben kommen mir mitunter gute Gedanken und ich kann mich sortieren. Vielleicht liest ja der eine oder andere unseren Austausch. – In der Zoomerei liegt m.E. eine „Gefahr“: Es suggeriert ein persönliches Zusammentreffen, was es nicht ist. Da rede ich mit meinem Bildschirm. Es fehlen bei digitaler Kommunikation ganz entscheidende Aspekte, u.a. im feinstofflichen, im lebendigen.
Auch ich sehe, daß man Wissen, dessen man gewahr wurde, weitergeben sollte. Ich gebe Wissen durch mein So-sein weiter. Die meisten Menschen möchten darüber hinaus im Unwissen belassen werden. Das respektiere ich vollumfänglich. Zumal nicht nur der Unterricht in Naturrecht, sondern auch Erfahrung Wissen lehren kann. Alle Wege führen nach Rom. Du hingegen schreibst, daß Du unwilllige Täter zur Umkehr zwingen möchtest, sie solange an ihre Schuld erinnern möchtest, bis sie an die Ursache gehen.
Ich vermeine in Deinen Ausführungen eine Art Sendungsabsicht zu erkennen, die Welt / die Menschen zu verbessern. Mich erinnerst Du in dieser Hinsicht an Gunnar Kaiser. Der hat bis zur tödlichen Erschöpfung daran gearbeitet, viele Menschen zu erreichen um sie aus ihrer Unwissenheit zu erlösen. Deine Absicht (falls Du diese hast, ist ja nur meine Vermutung), ehrt Dich. Die Menschen befinden sich mehrheitlich in einem beklagenswerten Zustand. Und trotzdem wäre so eine Absicht widersinnig.
Wo ich Dir widerspreche:
• Für mich sind die Ursachen von Untaten Traumas, nicht mangelnde moralische Erziehung. Da gebe ich dem New-Age recht.
• Gerechtigkeit ist nicht von Menschenhand herstellbar. So wünschenswert das auf den ersten Blick manchmal scheinen mag.
Die Widersprüche werden wir so stehen lassen müssen, nehme ich an. Aber das ist nicht schlimm, finde ich. Sie beleben die Kommunikation und tragen zur Wahrheitserkennung bei.
Viele Grüße
Elke
Liebe Elke,
in der Tat hat die digitale Kommunikation ihre engen Grenzen, jeder Kanal auf seine eigene Weise. Der Illusion (der Nähe) begegnet man durch Bewusstsein der Wirklichkeit. Ich hoffe, wir schaffen das auch schriftlich, denn dort gehen meiner Erfahrung nach die meisten Zwischentöne verloren und es besteht die Gefahr, dass das geschriebene Wort mit der Wahrheit verwechselt wird – die Hybris aller Gesetzgebung. Das Bewusstsein muss sich daher auf die Funktion des Wortes lediglich als Fingerzeig (!) zur Wahrheit richten.
Zustimmung auch zu Deiner Sicht, worin Wissensvermittlung bestehen kann. Da stehen alle Türen offen, die zum Ziel führen. NICHT zum Ziel führt jedoch das Belassen des Täters in seiner selbstgewählten Ignoranz, Trauma hin oder her. Traumata sind heilbar. Sie unangetastet zu lassen ist nicht sein Recht, denn Ignoranz führt zur Verletzung der Rechte anderer (=Unrecht). Unrecht kann niemals Recht sein. Die unrechte Tat ist dabei noch das kleinste Übel, sie zu wiederholen, weil man nicht aus ihr gelernt hat, das größere.
Schon die Kemeter setzten Ignoranz mit dem Bösen (Isfet) an sich gleich; sie war ein Vergehen gegen die Weltordnung (Ma’at). Und der Christus nennt sie ein Vergehen gegen den Heiligen Geist, das nicht vergeben wird (Mt 12,32). Daher kam er nicht, um Frieden zu bringen, sondern mit dem Schwert (der Wahrheit / Gerechtigkeit, Mt 10,34-37). Nur die Kenntnis der Wahrheit macht uns frei, und die tut speziell jenem weh, der sie zu ignorieren versucht.
Selbst wenn ich dem Argument zuliebe gelten lassen wollte, dass Traumata die Ursache von unrechtem Handeln seien, nimmt das Universum hierauf genau so wenig Rücksicht wie auf das unerfahrene Kind, das aufs Balkongeländer klettert. Die Frage bleibt: Was tun der Traumatisierte und sein Umfeld, damit aus seiner Conditio kein Unheil entsteht? Denn wenn der Täter nicht willig ist, sein Trauma zu heilen bzw. wir nicht darauf bestehen, fallen alle Menschen unter das negative Karma, das er verursacht, denn wir leben buchstäblich in einem Gerechtigkeitskreator, den wir Universum nennen. Wir helfen, Gerechtigkeit wieder herzustellen oder wir werden vom Schicksal dazu geholfen. Den Täter zu zwingen ist die eine Möglichkeit; manchmal, speziell bei Notwehr, mag das unumgänglich sein. Hättest Du die Handlungsfreiheit und die Gefühle des damals noch potenziellen Mörders höher bewertet als das Lebensrecht und die Gefühle seiner Opfer?
Den Täter zu drängen ist eine andere Möglichkeit, solange noch Zeit dazu ist; wieder eine andere besteht darin, die Erinnerung an seine Tat bzw. die Wahrheit über diese Tat latent so lange wach zu halten, bis er ein Einsehen hat. Es gibt hier also durchaus liebevollere Methoden, als ihm das Messer auf die Brust zu setzen. Aber auch Liebe, wenn sie wahrhaft ist, enthält stets eine schmerzhafte Seite.
Fingerzeige oder Erinnerungen sollen nicht dazu dienen, die Welt in Schuldige und Unschuldige zu teilen. Es geht um konkretes Verhalten eines konkreten Individuums und seine konkreten Urschen. Das macht den Rest von uns nicht automatisch zu Unschuldigen. Genau wie der oben referenzierte Täter sind wir alle gehalten, fortwährend nach innen zu schauen und den Finger (=Aufmerksamkeit) dort auf uns selbst zu richten, wo wir Fehler begehen.
Was die „Sendungsabsicht“ betrifft – ich sende aus Überzeugung, aber ohne Leistungsdruck, sondern schenke einfach, was ich zu geben habe. Es liegt mir fern, andere besser zu machen. Wäre ja auch größenwahnsinnig. Jeder kann und muss sein Bewusstsein nur selbst heben. Ich gebe lediglich Hilfestellung und trage so meinen Teil zur Bewusstwerdung der Menschheit bei, ähnlich wie ein Freiwilliger am Gelingen seines Vereins mitwirkt.
Was Gunnar getötet hat, kann höchstens er selbst sagen, aber wenn der Preis des Hinweisens auf die Wahrheit die Hingabe des irdischen Lebens ist, dann zahle ich ihn genau wie Gunnar(?), Bonhoeffer, Sokrates, der Christus und zahlreiche unbekannt Gebliebene gern, denn er ist gering verglichen mit dem Leben in Ungerechtigkeit. Widersinnig wäre es bei meinem Wissen, eine andere Haltung einzunehmen.
Und damit komme ich zum Grund, weshalb ich Deinen -willkommenen- Beitrag nicht einfach unbeantwortet lassen möchte. Du sagst viel Wahres und Du lässt dabei eine gewisse Demut erkennen; vielleicht ist dieses Zögern der Grund (so hoffe ich zumindest), weshalb Du daneben auch einen höchst gefährlichen Satz schreibst: „Meiner Auffassung nach ist Gerechtigkeit auf diesem Erdenleben nicht möglich“ und zuletzt: „Gerechtigkeit ist nicht von Menschenhand herstellbar.“ Das negiert DEN zentralen Punkt des Naturrechts.
Wenn Gerechtigkeit nicht möglich ist, sagst Du dann, dass die Wirkung, die das Universum auf eine Ursache folgen lässt, nicht richtig ist? Oder dass es grundsätzlich kein Richtig und Falsch gibt?
Und wenn der Mensch keine Gerechtigkeit herstellen kann, wozu kann er dann zwischen Richtig und Falsch unterscheiden? Oder kann er das gar nicht? Worüber reden wir dann überhaupt? Weshalb interessierst Du Dich für Naturrecht, wenn es keine Gerechtigkeit gibt bzw. wir sie nicht herstellen können?
Du bist mir hierfür keine Antworten schuldig; nur Dir selbst.
Du musst auch das Folgende nicht glauben, kannst es aber hoffentlich nachvollziehen:
Wer die absolute Gerechtigkeit der Schöpfung nicht sieht, also nicht von dem Wissen oder wenigstens der Annahme ausgeht, dass das Gesetz von Ursache und Wirkung stets perfekte Ordnung herstellt, negiert den objektiven Unterschied zwischen Richtig und Falsch.
Wer darüber hinaus die Fähigkeit des Menschen, zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden und dem freien Willen entsprechend eine Wahl zu treffen, verneint, verunmöglicht jede moralische Entscheidung.
Damit erübrigen sich alle Erörterungen über rechtes Handeln, selbst solches, das manche meinen, aus Paragraphenwerken, Dogmen, Traditionen, Sentimenten oder Mehrheitsentscheidungen ableiten zu können. Ohne eine objektive universelle Grundlage gibt es kein Richtig und damit auch kein Recht, sondern nur Willkür. „Recht“ liegt dann im subjektiven Auge des Betrachters.
Über vieles andere können wir schadlos unterschiedlicher Meinung sein; in der folgenden Sache nicht: Die Verneinung der Gerechtigkeit ist die Grundlage für Unmoral und das Fundament für das gut-meinende satanische Verhalten der allermeisten Menschen auf der Welt. Der einzige Ausweg besteht in Einsicht und Umkehr – nicht mir zuliebe oder zufolge, sondern weil man die Wahrheit mehr liebt als sich selbst.
In Freundschaft,
Jürgen.
Lieber Jürgen,
Zustimmung: es gibt falsches und richtiges Handeln, und es gibt objektive Wahrheit. Es ist nicht so, daß jeder seine eigene Wahrheit hat. Der Wunsch, die objektive Wahrheit zu erkennen, ist dem Menschen immanent. Zur Erkenntnis gelangen können wir nur mit Hilfe unserer Mitmenschen. Hannah Arendt schreibt das auch. Wenn jeder seine eigene Wahrheit hätte, wären wir alle alleine. Die Suche nach Wahrheit verbindet uns Menschen miteinander.
Zustimmung: es gibt Gerechtigkeit. Ich habe mich da mißverständlich ausgedrückt. Für mich gibt es sie im göttlichen Sinne. Wenn Du jemandem etwas Gutes tust, kommt das Gute mit genauester Gesetzmäßigkeit (= Gerechtigkeit) zu Dir zurück. Und umgekehrt:
Ein Täter schadet immer und immer und immer sich selbst. Schopenhauer: „Der Wolf, der die Klauen ins Schaf reißt, reißt sie sich ins eigene Fleisch“. In diesem Satz steckt m.E. eine wichtige Erkenntnis was Gerechtigkeit ist. Es ist nicht so, daß ein Mörder fröhlich weiterlebt und vergißt, daß er einen Mord begangen hat. Er hat durch den Mord sein eigenes Leben zu Ende gelebt. Ich wollte mit keinem Mörder tauschen. Patrick Baab hat berichtet, daß Soldaten, die getötet haben, einen leeren Blick hätten. Ich glaube das. Ein Dieb beispielsweise hat immer Angst, daß er selbst bestohlen werden könnte. Er muß seinen Besitz bewachen. Das ist kein schönes Leben.
Ich habe mal eine Sendung im TV gesehen. Da hat eine Frau von ihrem Weg berichtet. Ihre 16jährige Tochter ist einem Sexualmord zum Opfer gefallen. Die Frau ist nicht damit klar gekommen, konnte auch nicht mehr arbeiten, wollte sich dann selber umbringen. Da hat sie eine christliche Gemeinde gefunden, die mit ihr gebetet hat. So wurde sie gesund. Dann hat sie den Mörder im Gefängnis besucht. Er war sterbend, schwer krank. Das erste was er gesagt hat: „Ich hab Scheiße gebaut.“ Sie: „Schwamm drüber“. Diese Frau hat mich schwer beeindruckt, ich habe da gelernt wie wichtig verzeihen ist. Verzeihen ist der Urgrund der christlichen Religion. Vielleicht müßen wir Ungerechtigkeit erfahren, um verzeihen zu lernen. Im Verzeihen, in der Liebe, kannst Du Dein Bewußtsein erweitern, kannst transzendieren.
„Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.“ – Genauso ist es.
Von Menschen hergestellte Gerechtigkeit benötigt immer einen Richter. Ich finde es bemerkenswert, daß Richter Roben tragen. Im Innersten wissen sie, daß sie Gott spielen bei ihrem Richten.
Nebenbei: ich bin auch nicht religiös. Unser Pfarrer hat im Gemeindeblatt geschrieben: „ Abstand halten ist ein Gebot der Nächstenliebe.“ Seither halte ich mich von der Kirche fern.
Um noch mal auf den Ausgangspunkt zu kommen: Es gibt Gerechtigkeit. Aber nicht in dem Sinne, daß es einen Rechtsanspruch auf Gerechtigkeit gibt. Mit einer Wiedergutmachung im menschlichen Augenmaß. – Es gibt richtig und falsch und richtiges/falsches Handeln. Ich versuche, die Gesetzmäßigkeit zu erkennen, um danach handeln zu können. Dabei hilft mir Dein Kanal. Aber das kann ich nur für mich selber anwenden. Andere lernen anders. Sie lernen, weil das Naturrecht reagiert. Tut weh, ist aber auch eine Möglichkeit.
Menschengemachte Gerechtigkeit ist ein Widerspruch in sich. Der Versuch des Menschen, Gerechtigkeit herzustellen ist eine Kompetenzüberschreitung. Die Folge ist eine Perversion, die ihren Wurzelgrund in der göttlichen Gerechtigkeit hat. Ohne die göttliche Gerechtigkeit könnte es die Perversion davon auch nicht geben. Die Satanisten wähnen sich im Besitz des Naturrechts und glauben, es anwenden zu können. In ihren Grunzsätzen nehmen sie an sich selber Maß.
Exkurs: Der Mensch in sich ist göttlicher Natur (s. Giordano Bruno).Und nur weil der Mensch im Innern göttlich ist, gibt es auch die Perversionen davon, Menschen mit Allmachtsphantasien z.B. Bill Gates, der glaubt daß 7 Mrd. Menschen nach seiner Pfeife tanzen.
Vielleicht kannst Du meinen Standpunkt nachvollziehen, das würde mich freuen. Geschriebene Worte sind immer begrenzt, klar. Das ist mir bewußt. Aber bei Zoom ist es noch schlimmer. Nur subtiler.
Viele Grüße
Elke
P.S.: Also, ich kann nicht glauben, daß ich unter ein negatives Karma fallen könnte, das ein anderer verursacht hat. So wie Du das ausführst. Ich falle nur dann unter ein negatives Karma, wenn ich selber falsch handle.
Liebe Elke.
Versteh Karma besser nicht als persönliches Sündenkonto, das irgendwo geführt wird und irgendwann von einem Richter beurteilt werden wird, sondern als die Daseinsbedingungen, die wir alle zusammen geschaffen haben und jene, die wir gerade dabei sind zu schaffen, also die Wirkungen von Handlungen.
Das Wort Karma bedeutet ‚wirken‘ (tun) oder ‚Wirkung‘ (Konsequenz). Es ist ein Synonym für das Gesetz von Ursache und Wirkung.
Was Du tust und was Du erfährst ist nicht abgekoppelt vom Rest der Welt. Wenn Deine Rechte verletzt werden, ist es Karma, das Dich trifft, als Ergebnis all dessen, was zuvor in der Welt geschehen ist, einschließlich – aber nicht nur – Deiner eigenen Handlungen, die ein besonderes Gewicht in Deinem Leben haben, einfach weil Du aufgrund Deines freien Willens (un)günstigere Pfade beschreiten kannst. Wenn wir in einer Diktatur leben, ist das unser kollektives Karma, das uns alle aufgrund der Summe all unserer Taten trifft, egal wer nun dafür oder dagegen war. Die Summe der Freiheit in einer Gesellschaft entspricht der Summe der Moralität der Individuen in ihr.
Wir bekommen die mangelnde Moralität, die unsere Vorfahren ihren Nachkommen vermittelten, heute in Form von Verbrechen, Unterdrückung und Ausbeutung zu spüren, und wir haben uns mangels eigener Erkenntnis von Richtig und Falsch nicht in ausreichendem Maß daegen gewehrt oder befürworten sogar manche Formen von Gewalt. Wer das nicht mehr möchte, sollte den Schaden, den wir erfahren, als Aufforderung verstehen, Schädiger aufzuhalten und das ihrem Verhalten zugrundeliegende Denken zu beheben helfen. Falls wir das unterlassen, bekommen wir künftig eben mehr vom Selben. Unsere Wahl. Wir sind die Gestalter der Welt, in der wir leben. Wir durchschauen die Komplexität des Einzelfalls oft nicht, aber für Zufall ist da kein Platz.
Glaube es nicht, ich zeige nur mit dem Finger drauf 🙂 in der Hoffnung, Dir wird’s dann leichter zugänglich.
Die Entstehung kollektiven Karmas aufgrund individueller Moralität war in Ep.97 ab folgender Position Thema:
https://youtu.be/7NpoDvnw-Sc?t=4375
Oder, wenn Du’s ausführlicher willst, schau Ep. 23 & 24 an.
Kurz noch nur zur Wortklärung ‚Gerechtigkeit‘: „Von Menschen hergestellte Gerechtigkeit benötigt immer einen Richter.“ – Der juristische Richter ist ein Recht-Fertiger; er usurpiert Gottes Thron, weil er aufgrund relativer Moralregeln willkürlich eine Wirkung (Strafe) festlegt; wie du sagst, eine Kompetenzüberschreitung und ganz klar eine Ungerechtigkeit. Die Gerechtigkeit, die Menschen nach meinem Verständnis zwischen (besser: mit-) einander herstellen, besteht im Erreichen eines Zustands, in dem beide die Dynamik des Unrechtsgeschehens verstanden haben und damit abschließen können. Die Frau und der Vergewaltiger sind ein gutes Beispiel hierfür; sie haben das geschafft. Es ist keine einseitige Sache und nicht nur ein Gefühl. Ausschließlich wachsendes Bewusstsein kann besseres Karma erzeugen. Wenn wir in Ignoranz verweilen, geht’s in die andere Richtung.
Ich glaube, wir sind in unseren Auffassungen nahe bei einander. Vieles, was Du sagst, spricht mir aus dem Herzen und ich freue mich, dass Du so ein Interesse an der Sache nimmst. Geh halt bitte nicht davon aus, dass ich Wörter in derselben Weise wie Du benutze. Etliche Missverständnisse werden sich aufklären, wenn Du mehr von meiner Sendereihe gesehen hast.
Herzliche Grüße sendet Dir
Jürgen
Lieber Jürgen,
Mit Worten ist das tatsächlich so eine Sache. Jeder benutzt sie in eigener Weise. Und Sprache an und für sich ist eine ganz eigene Philosophie. Aber klar ist, daß wir in unseren Auffassungen nahe beieinander liegen. In allem kann ich Dir nicht zu 100% zustimmen, aber das braucht es auch nicht.
Zu Deiner Sendereihe kann ich schon mal sagen kann: Die Folge über die Gesellschaftspyramide ist absolut super. In dieser klaren Form und dazu noch ausführlich habe ich das noch nirgends gefunden. Wobei ich nicht weiß, ob ich Deine Ausführungen vor 6 Jahren verstanden hätte. Es braucht wahrscheinlich auch Erlebnisse, um Wissen und Bewusstsein erweitern zu können.
Über Anarchie habe ich bisher nicht nachgedacht, das ist mir immer als weltfremd erschienen. Auch da setzt gerade ein Umdenken ein. Zum mindesten werde ich mich damit näher beschäftigen.
Viele Grüße,
Elke
🙏
Lieber Jürgen,
ich schreibe jetzt hier, weil ich nicht mehr weiß, zu welcher Episode genau ich mich beziehe. Ich hoffe, das ist in Ordnung.
Wieder hat mir eine Deiner Aussage vollständig aus dem Herzen gesprochen: Niemand (oder fast niemand) konnte nachvollziehen, warum Du aus der Arbeitswelt ausgestiegen bist. Und genau so war es auch bei mir. Niemand hat mich verstanden, alle waren überzeugt, daß ich bedauert werden muß, weil ich so viel arbeite. Ich habe irgendwann aufgehört, von Freiheit zu reden. Es ist, als würde man versuchen, Blinden die Farben zu erklären.
Die Freiheit hat mich seit meinem Arbeitsweltenausstieg vor 16 Jahren nie mehr verlassen. Ich glaube, wer sie einmal hat, gibt sie nie mehr her. Ich würde glatt sterben für meine Freiheit.
Und ich spüre Unfreiheit. Der Verstand kommt oft erst hinterher. Die neuen Sprech-, und Denkvorschriften (=Gendersprache) sind dafür ein Beispiel.
Schopenhauer schreibt (sinngemäß): „Freiheit, Gesundheit, Jugend sind die drei wichtigsten Güter des Menschen. Aber man spürt sie nicht. Man spürt nur ihre Abwesenheit. Es gibt kein Sinnesorgan für das Spüren ihrer Anwesenheit.“ Aber das stimmt so nicht, wenn ich es genau bedenke. Viele Menschen spüren die Abwesenheit der Freiheit nicht.
Ich vermute, dies gilt auch für die Jugend. Sie ist eigentlich immer anwesend, unabhängig vom Alter. Wenn man Freiheit versucht zu messen, dann fehlt sie, wenn man sich keine Urlaubsreise leisten kann. Und wenn man Jugend am Lebensalter bemisst, dann fehlt sie ab dem 20. Lebensjahr.
Deine Episoden geben mir immer wieder neue Gedankenimpulse. Ich kann das nicht oft genug betonen. Aber klar ist auch, daß nur wenige Menschen nachdenken oder lesen / zuhören. Und die wenigsten verstehen um was es geht.
Viele Grüß
Elke
Kommentar zu Episode 10
Was für ein Interview! Diese Frau ist weise. Sie ist Philosophin im Sinne des Wortes. Man bekommt Denkanstöße, erfährt neue Perspektiven – kann sich weiter entwickeln. Tausendfach danke.
Daß Freiheit mit Sicherheit unverträglich ist, habe ich schon vor dem Hören vom Interview gewußt. Aber die Verbindung zu den Bedürfnissen, hat mir dieses Feld noch einmal deutlicher erkennbar gemacht.
Eine Freundin möchte auf gar keinen Fall die elektronische Gesundheitskarte. Sie möchte nicht gläsern werden. Und gleichzeitig möchte sie unter keinen Umständen, niemals, never ever auf Vorsorgeuntersuchungen verzichten. Was sie möchte, ist ein Recht auf Widerspruch. Die Frage nach Freiheit stellt sich ihr gar nicht.
Und da liegt das Problem. Hinter dem Sicherheitsbedürfnis steckt Angst. Und diese kann man niemand ausreden. Angst ist sicherlich in uns Menschen grundsätzlich angelegt. Das Problem ist, wenn man die Angst mit Hilfe von Sicherheit niederzuringen sucht. Das zieht dann immer weitere Sicherheitskreise nach sich und die Angst passt sich dem an und wird mit jeder Sicherheitsvorkehrung stärker.
Liebe Elke.
Die meisten Leute gehen nicht von Prinzipien aus, sondern orientieren sich an empfundenen Vorteilen bzw. an vermiedenen Nachteilen. Deshalb sagen sie zwar, sie wollen Freiheit, Frieden, Liebe usw., aber sie sind nicht bereit, etwas dafür zu tun, das Mühe oder Verzicht kostet. Menschen wie Du oder ich sind für sie ‚Radikale‘ und ‚Extremisten‘; damit haben sie sogar recht. Wer aufgrund Prinzipien handelt, beginnt bei den Wurzeln (Radix) und denkt die Sache zu Ende (extrem = aufs äußerste) um dann das Nötige zu tun. Der Unterschied in der Haltung hat wieder mit dem einzig wahren Dualismus zu tun, der in Ep.23/24 beschrieben ist. Wer nicht lesen, nicht zuhören, nicht nachdenken und nicht konsequent handeln will, ist ganz in der negativen Dynamik verortet und wird zur Ursache negativer Konsequenzen für alle. Ich kann nur solche Menschen erreichen, die da ernsthaft raus wollen. Andere Sichtweisen aushalten und sich eigene Gedanken dazu machen zu wollen ist schon die halbe Miete. Das wollen nicht allzu viele, wie Du selbst bemerkt hast, darum bin ich froh über positive Rückmeldungen wie die Deinen.
Nein, kein Problem, dass es am ‚falschen‘ Ort gepostet wurde. Besser hier als gar nicht. Du kannst den richtigen Ort aber schnell ansteuern, wenn Du ein Titelwort der Sendung oder z.B. „episode 10“ suchen lässt (die Lupe oben rechts im Menü oder das Suchfeld am unteren Ende jeder Seite).
Es ist mir stets eine Freude, mit den Gronemeyers zu reden, weil sie eine erfrischend andere Sicht auf die Dinge haben. Nun hast Du Dir zwar die Arbeitsthematik schon selbst erschlossen, aber falls Dich Mariannes Sicht darauf interessiert, gibt sie diese im Buch „Wer arbeitet, sündigt…“ zum besten.
Es grüßt Dich herzlichst
Jürgen